Die
supergute Vermögensanlage -
Ihr persönlicher MP-Berater
Ort: Filiale der Mogelpackung AG
Sie betreten die Filiale der Mogelpackung
Finanzdienstleistungen AG (MP-AG).
(Glückwunsch!
Sie haben soeben den ersten Schritt zur wichtigsten Vermögensentscheidung
Ihres bisherigen Lebens gemacht. Leider den falschen. Es wird
allerdings noch Jahre dauern, bis Sie aus Ihrem sorgfältig
inszenierten Traum erwachen.)
Der Fahrstuhl des schick residierenden Unternehmens
erhebt Sie in den Stand der scheinbar elitären MP-Kunden.
An der Empfangstheke erwartet Sie ein schnuckelige junge Sekretärin,
die Sie in einer Weise angrinst, als wolle Sie mit Ihnen Termine
privater Art vereinbaren. Eben waren Sie noch ein kleiner
schäbiger Student mit schmalem Geldbeutel, ab sofort
rangieren Sie in der business class: Man nimmt Ihnen den Mantel
ab und geleitet Sie ins Wartezimmer, wo ununterbrochen Businessinformationen
von N-TV über einen TV-Monitor flimmern.
Ausliegende Wirtschaftsmagazine suggerieren Ihnen ebenfalls
tagesaktuelle Kompetenz.
Ihr persönlicher MP-Berater
Dr. Wurstmann holt Sie im Wartezimmer ab, um Sie mit einem
gutgelaunten Grinsen in sein Beratungszimmer zu leiten. Dr.
Wurstmann hat das gleiche Fach wie Sie studiert und sogar
promoviert. Er ist also ein Kollege, der weiß, welchen
Stress Sie gerade durchmachen. Er hat es offenbar akademisch
weiter gebracht als Sie es für sich erhoffen.
(Es ist immer wieder faszinierend, zu beobachten,
welche Vorurteile die beiden Buchstaben Dr und
das Pünktchen dahinter bei Laien auslösen. Eine
Promotion sagt über Intelligenz und Kompetenz nur sehr
bedingt etwas aus, über Charakter überhaupt nichts.
Und was muss das wohl für ein toller Doktor
sein, der seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Standard-Versicherungsverträgen
bestreitet ...?)
In seinem Arbeitszimmer läuft ohne
Ton ebenfalls ununterbrochen ein TV-Monitor mit Börsennachrichten.
Wow! Hier hat man das Ohr am Rohr! Ihr MP-Berater
tut 24 Stunden am Tag nichts anderes, als für Sie die
besten Geschäfte zu erspähen!
(Quatsch. Da steht
ein TV-Gerät. Wie bei Ihnen zuhause auch, nur billiger.
Bei seriösen Verhandlungen würde so etwas eigentlich
nur stören ...
In ein paar Jahren wird sogar
die MP-AG diesen durchschaubaren PR-Gag abgeschafft haben,
da vernunftbegabte Menschen Ihren Börseninformationen
direkt im Internet abfragen.)
Dr. Wurstmann fragt Sie, welches Getränk
er Ihnen anbieten darf. Die Sekretärin bringt es mit
euphorischem Grinsen. Sie sind nicht in einer Sparkasse: Sie
sind bei den Gewinnern, in der business class!
(Och joh! Auch in der Sparkasse bekommen
Sie einen Kaffee, wenns nicht gerade ein Routinegeschäft
am Schalter betrifft. Übrigens: Den MP-Kaffee bezahlen
Sie. Wenn auch nicht jetzt. Es wird im Ergebnis der teuerste
Kaffee werden, den Sie je bestellt haben.)
In dem Gespräch mit Dr. Wurstmann wird
schnell klar, dass Sie noch ein Weilchen studieren werden,
bevor Sie ein nennenswertes Einkommen haben. Noch kann er
Ihnen nichts gutes tun! Aber Dr. Wurstmann findet Sie nett.
Und Sie finden Dr. Wurstmann nett. Da Sie neu auf der Uni
sind oder vielleicht gerade die Uni gewechselt haben, kennen
Sie sich in der neuen Stadt noch nicht so recht aus. Da Sie
den gleichen Sport wie Dr. Wurstmann betreiben bietet er Ihnen
aus reiner Nächstenliebe Platzzeiten in seinem Sport-Verein
an, die andernfalls verfallen würden. Bei dieser Gelegenheit
stellt er Ihnen auch seine Familie vor. Sie haben einen Freund
gefunden, in dieser so unpersönlichen Zeit. Sie können
Ihn jederzeit anrufen, natürlich auch aufs Handy, auch
am Wochenende. Er ist immer für Sie da! Sie erwischen
ihn auf dem Handy, während er gerade in der Firmenzentrale
ein Seminar besucht. Wow, die Firma legt wert auf den bestmöglichsten
Informationsstand!
(Irrtum. Bei diesen Seminaren trainieren
die MP-Berater Verkaufspsychologie und Kundengespräche
oder werden mit Spaßveranstaltungen für gute Umsätze
belohnt.)
Dr. Wurstmann hat es offenbar zu etwas gebracht:
Er hat eine nette Frau, drei süße Teeny-Töchter,
ein Einfamilienhaus in bester Wohngegend und fährt einen
obligatorischen Mercedes-Benz. Der Mann muss wissen, wie Geld
zu machen ist! Eigentlich hat der Mann ja alles, was er braucht.
Die Beratung macht er anscheinend aus Überzeugung, der
Menschheit etwas gutes zu tun, und Ihnen ganz besonders! Er
hat es bestimmt nicht nötig, an Ihnen seinen Schnitt
zu machen!
(Ach was! Die Immobilie
ist vollfinanziert und gehört der Bank. Das Auto ist
ein privat genutzter Firmenwagen. Frau und Kinder sind kein
Staussymbol, im Gegenteil: Die kosten Geld. Und zwar demnächst
Ihres.
Da Sie zumindest keine Schulden
oder Verpflichtungen haben, sind Sie sogar vermögender
als Dr. Wurstmann.
Und im Vertrauen: Sie sind nicht
etwa bloß ein kleiner Fisch für die MP-AG, der
gefälligkeitshalber mitberaten wird Sie gehören
zur eigentlichen Zielgruppe!
Echte Geschäftsleute machen
nämlich um Beratungsunternehmen wie die MP-AG
einen weiten Bogen. Und kompetente Wirtschaftsfachleute hätten
es nicht nötig, als MP-Berater Privatleuten
Versicherungen anzudrehen.)
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goldene Kreditkarte
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